Howdy!

Ich habe heute einen Artikel über den Begriff „Partner“ gelesen.
Eine junge Frau erzählt darin, dass sie Probleme damit hat, ihre Freundin „meine Partnerin“ zu nennen, denn sie findet den Begriff spießig, irgendwie klinisch und irgendwie aus-den-Neunzigern. Und außerdem haben sowieso die ganzen Hetero-Leute den Begriff gebunkert und verunstaltet. In Ermangelung eines Begriffes, der ihr wirklich gut gefällt, nennt sie die “Dame, die mit ihr zusammenlebt” gerne “you know, my special laaaaaadyfriend”, was ich ganz großes Kino finde.
Ich teile ihre Meinung über solche Benennung nämlich.

Als ich meinen Ollen damals lieben gelernt habe (gekannt haben wir uns schon länger) kam ich ebenfalls in die Bredouille, unsere Beziehung benennen zu müssen. Haachja, die Gesellschaft mit ihren Labels und der Suche nach passenden Schubladen für jede Gelegenheit, schön. Da mein Oller und ich uns zu Anfang eigentlich sowieso nur in der Horizontalen miteinander beschäftigten, sah ich keine Notwendigkeit für irgendeine beziehungsdefinierende Begrifflichkeit für meinen… Kerl. “Wir sind zusammen” wäre mir nie über die Lippen gekommen, genauso so wie “wir sind jetzt ein Paar” (ja, ein paar Verrückte vielleicht). Auch das allseits beliebte facebookishe “es ist kompliziert” war mir fern – wir haben halt gevögelt, es gibt nichts, was weniger kompliziert ist als körperliche Anziehung.

Eigentlich bin ich für die Aufspaltung von Geschlechtertrennung und finde, dass gesellschaftliche Grenzen geöffnet werden sollten. Deshalb ist mir warscheinlich auch das Englische “boyfriend” und “girlfriend”, und die deutsche Entsprechung “Freund” und “Freundin”, obwohl Norm, irgendwie suspekt. “So sehet denn, dies ist mein maskuliner Freund, nicht meine feminine Freundin, wir sind gar sehr intim miteinander!” Irgh, ich weiß nicht…
Und “Partner” klingt auch im Deutschen wirklich und wahrhaft bescheuert. Was bin ich denn, ein Cowboy? “Howdy, Partner, lass uns erst die Kühe auf die Weide treiben und dann “es” miteinander”. In der hessischen Gegend, in der ich wohne, wird der Begriff auch gerne mal zu “Pattnä”, was es nur schlimmer macht. “De Pattnä von de Naddien”, wwhhhrrrghä.
“Special Laaaadyfriend” ist natürlich irgendwie drumrum geredet, aber herausragend schön auszusprechen, vor allem wenn frau dabei kurz zwinkert. Aber in der Übersetzung kommts dann irgendwie eher seltsam.
“Die da hinten? Ja, das ist meine besondere Daaamenfreundin, wir wohnen zusammen und schlafen miteinander.”

Über die Jahre, die mein Oller und ich uns jetzt schon Speis, Haus und Genitalien teilen, bin ich beim Ausweichen der oben genannten Schreckensdefinitionen auf immer neue, immer schönere Begrifflichkeiten gestoßen, die ich gern mit euch teile:
“Mein Oller”, oder nur “der” Olle ist schick, “mein Typ” mag ich manchmal auch. “Der Chef” sag ich gern, wenn ich mich mit über-50-Jährigen unterhalte (weil, haha, zwinkerzwinker, Feminismus, die Frau hat ja eigentlich die Hosen an, haha, “der Chef”, zwinker).
“Der Alte” geht auch gut, schön derb und irgendwie assi; und löst gern Fragezeichengesichter aus, das find ich super – bin ich ja auch immer semi-studierte Sprachwissenschaftlerin und erfreue mich nicht nur am Klang von Sprache, sondern auch an den Auswirkungen. Überlegt mal, brecht Denkmuster auf, versteht, was zu euch gesagt wird und was euer Gesagtes im Gegenüber auslöst. Sprache fördert Denkprozesse.
Allein dieser seltsame Besitzanspruch, “mein” und “meine”. Ist ja auch nur ein Überbleibsel aus alten Zeiten, in denen Besitz von Menschen noch Gang und gäbe war. Natürlich können wir jetzt darüber streiten, dass “man auch übertreiben kann”, dass Zugehörigkeit auch romantisch sein kann, “nur wir zwei, füreinander bestimmt, wir gehören einander für die Ewigkeit”, is ja auch schön. Lässt sich ja auch schwer weglassen, dass “mein”. Ich wollts nur mal angemerkt haben – Sprache, Denkprozesse, get it?

Meine göttliche Freundin hat damals damit angefangen (ganz in hessischer Manier) zu meinem Ollen “de Schosch” zu sagen, was ich sofort in meine Liste mit aufgenommen habe, weils Spaß macht, “Schosch” zu sagen.
Aufgrund von oben genannter Affinität zur Aufspaltung festgefahrener Geschlechterklischeés nenne ich meinen Typen auch oft “meine Dame” mit maskulinem Personalpronomen (“meine Dame sagt, er kommt später nach”). Er nennt mich dann “seinen Mann” und wir freuen uns an unserer Gewitztheit und unserer Andersartigkeit (langweiliges Hetero-Gespann, dass wir dann halt trotzdem immer noch sind).

Wieder einmal macht es uns die Gesellschaft nicht so leicht. Menschen haben nunmal einen inhärenten Drang, ein tiefes Bedürfnis Sachverhalte zu benennen, in Schubladen zu packen, einzusortieren. Ich nehme mich da nicht aus. Nur dadurch verstehen wir die Welt und nur so, glauben wir, können wir sie uns erklären. Die Benennung von Mustern und Konzepten ist fester Bestandteil des Lebens und ein nicht-benennen-Können führt zu Verwirrung und mitunter sogar zu Wut und Aggression. Na, wie nennt denn der Otto von nebenan eine Frau, die zum Mann umoperiert ist, in ihrer Freizeit dann aber Frauenkleidung trägt und in einer homosexuellen Beziehung mit einem Transgender-Mann lebt? Hm? Ja, das macht dann den Otto ganz grummelig, uiui…

Am Ende des Tages geht es doch aber immer einfach um die Liebe. So pathetisch das jetzt klingen mag, aber die Liebe ist das einzige Konzept, das einen überordnenden Namen trägt, aber keiner weiteren Benennung oder Erklärung bedarf. Liebe ist etwas Schönes, was richtig-gutes, da sind wir uns doch alle einig! Wer liebt dürfte doch dann eigentlich auch nicht verurteilt werden, oder? Die Liebe erlaubt sich alles und benennt nichts. Schönes Prinzip eigentlich.
Und wenn ich so darüber nachdenke, warscheinlich lieben sich auch Cowboys manchmal. Und dann nennen sie sich “Partner”.

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