Panzerknacker

Oh nein, oh nein, oh nein. Ich habe meine Bäckersfrau bestohlen!
Naja, nicht direkt bestohlen, nein, viel schlimmer eigentlich. Ich habe ihr Geld unterschlagen!

Normalerweise kosten die zwei Walnusswecken, die ich mir jeden Morgen hole, 2,39€, und das wissen wir auch beide. Früher warens mal 2,29€, aber die Zeiten haben sich geändert, die Rezession, die Wirtschaft, Angebot und Nachfrage, irgendwas davon halt. Wie dem auch sei, momentan kosten sie eben 2,39€. Weil, is halt so.
Heute morgen bin ich irgendwie verstrahlt, verpennt, oder mein mathematisches Gedächtnis schläft noch oder ist in Urlaub, zumindest habe ich meiner Bäckersfrau 2,30€ hingelegt, mich bedankt und bin gegangen. Oh nein…
Ich lasse ihr normalerweise immer den einen Cent Rückgeld da. Ich komme mir bescheuert vor, wegen des einen Cents Rückgeld weiter zu warten, auch weil ich ja meinen Zug kriegen will. Ich komme mir dann zwar auch bescheuert vor (EIN Cent Trinkgeld, WOW, Glückwunsch, oh-so-viel Reichtum), aber meine Bäckersfrau und ich lächeln uns dann immer an. Sie tut, als würde sie sich aufrichtig freuen, ich freue mich, dass sie sich freut, wir sind alle glücklich. Immerhin, fünf Cent pro Woche, gar keine schlechte Bilanz… Ah, ich fühl mich schon wieder bescheuert…

Aber nein, heute gibts kein Trinkgeld. Ich reiche ihr meine 2,30€, wir lächeln uns an (kennen wir ja schließlich das Prozedere) und ich gehe. Wir sagen beide „tschüß“ und ich merke dann im Zug, dass ich zehn Cent unterschlagen habe. Oh nein!!
Ich weiß jetzt auch nicht genau, warum ich das so furchtbar finde. Tatsache ist, ich schulde meiner Bäckersfrau jetzt zehn Cent. Eigentlich dreißig Cent, wenn man den Aufwand mit einberechnet, den sie meinetwegen bestimmt hatte. Warscheinlich hat sie mir hinterherherufen, „Aber… Moment!! Die Walnusswecken kosten doch 2,39€!!“, das hat bestimmt den ganzen Betrieb aufgehalten. Okay, einen ganzen Euro müsste ich ihr erstatten, womöglich ist sie sogar aus ihrem kleinen Büdchen herausgekommen und ist ein Stück in meine Richtung gerannt. Fünf Euro eigentlich, sie hat in der Zeit bestimmt Kundschaft und andere Morgenmuffelinnen wie mich verloren, die was bei ihr kaufen wollten; alle standen sie an und wollten ihr Geld bei ihr loswerden, aber sie war nicht da, nein, sie musste ja der Diebin hinterer. Oh nein, am Ende hat sie noch jemand beklaut, als sie sich in meine Richtung gedreht und mit Tränen in den Augen verzweifelt nach mir gerufen hat. Also bestimmt sieben, ach, fünfzehn Euro. Was rede ich da, dreißig Euro! Wer weiß, was die Leute alles geklaut haben, der Laden ist ja im Hauptbahnhof, was der für ‘ne Laufkundschaft hat, herrje, die haben meiner Bäckersfrau bestimmt den halben Laden ausgeräumt! Was sag ich, ausgeräumt, der steht doch ganz sicher jetzt in Flammen!! Das Büdchen ist aus Holz, das brennt wie Zunder, bestimmt hat das auch schon die anderen Büdchen erreicht, oh nein, der Blumenladen!! Das ist ja alles auch nur Grillanzünder, das ganze Grünzeug!! Oh Gott, ich hab den Hauptbahnhof angezündet!!!

Also, ich werd dann morgen etwas früher losgehen, dann kann ich noch bei der Bank vorbei und der Stadt einen Scheck ausstellen…

Hinterlasse einen Kommentar